Frank Carius

Autor: Frank Carius
Enterprise Architect / Partner – auf LinkedIn vernetzen

Im Bergbau wurden früher Kanarienvögel mitgeführt, die schon bei geringen Kohlenstoff-Konzentrationen verstummten. Im Weinbau stellte man Kerzen auf, die bei Sauerstoffmangel erloschen.

Heute sind es die User, die jedoch nicht verstummen, sondern sich beschweren. Denn wenn man Netzwerkprobleme hat, merkt man das zuerst bei Anwendungen wie zum Beispiel Microsoft Teams.

Dieser Blogartikel erklärt, warum Netzwerkprobleme lange unbemerkt bleiben können und erst mit der Einführung von Microsoft Teams sichtbar werden.

Mein Netzwerk funktioniert perfekt – oder doch nicht?

Netzwerkprobleme werden in der Regel nicht sofort bemerkt, da die Daten in der Regel über das TCP-Protokoll übertragen werden. Der TCP/IP-Stack des Betriebssystems ist für die Übertragung aller Daten in ihrer Gesamtheit und in der richtigen Reihenfolge verantwortlich. Fehlende Pakete werden automatisch erneut angefordert und je nach Bandbreite und Latenzzeit werden Puffer verwendet. Diese Funktionsweise ermöglicht eine zuverlässige Datenübertragung, auch über langsame oder instabile Leitungen. Da diese Korrekturen und Optimierungen im Bereich von Sekunden liegen, sind z.B. Paketverluste oder Verzögerungen für den Anwender nicht sofort spürbar.

Die Korrekturen dauern aber mindestens so lange, wie die Pakete selbst unterwegs sind. Im lokalen Netzwerk mit Latenzzeiten von wenigen Millisekunden ist dies unkritisch, aber je länger die Latenzzeiten sind, desto kritischer werden diese Korrekturen. Beim Surfen im Internet oder beim Bearbeiten von Dokumenten mit Office dauert der Seitenaufbau bzw. das initiale Laden dann etwas länger, aber erst bei interaktiven Anwendungen wie Microsoft Teams wird eine gefühlte Trägheit des Systems spürbar.

Erhöhte Wahrnehmung von Netzwerkproblemen bei Audio/Video-Verbindungen

Bei der Übertragung von Bild und Ton werden mögliche Netzwerkprobleme viel schneller wahrgenommen. Denn wenn Pakete aufgrund von Verlusten erneut übertragen werden und dadurch die weitere Auslieferung vom TCP/IP-Stack so lange angehalten wird, bemerkt der Anwender innerhalb von Sekundenbruchteilen ein Problem. Allein bei einer Audioübertragung werden schon kontinuierlich ca. 50 Pakete pro Sekunde mit jeweils 20ms Audioinhalt übertragen. Selbst ein minimaler Paketverlust stört hier bereits die Akzeptanz des Nutzers.

Microsoft Teams Issues visible in RImscout

In diesem Beispiel ist gut zu erkennen, dass erste Probleme von Microsoft Teams (dargestellt durch die gelben Balken) in Rimscout sichtbar und für den User spürbar werden, obwohl andere Dienste wie Outlook noch problemlos weiterlaufen.

Ein verlorenes Audiosegment einfach neu zu übertragen ist leider keine Lösung, da die Zeit nicht stehen bleibt und das Segment nicht mehr wiedergegeben wird. Aus diesem Grund ist die Übertragung von Audio/Video-Paketen nicht über TCP, sondern über UDP ideal. Fehlende Pakete werden vom Empfänger erkannt, übersprungen und dem Sender signalisiert, so dass dieser die Datenmenge z.B. durch Anpassung der Auflösung, Bildrate oder Tonqualität dynamisch reduzieren kann.

Netzwerkanforderungen von Konferenzplattformen

Konferenzplattformen, wie Microsoft Teams oder Zoom, stellen grundlegend andere Anforderungen an Ihr Netzwerk, obwohl dieses oft nicht dafür ausgelegt ist. Zwei Faktoren sind hier besonders hervorzuheben:

  • UDP statt TCP

    In den meisten Unternehmen lässt die Firewall nur Verbindungen zu, die explizit zugelassen werden . UDP nach Extern wird selten genutzt und ist daher bis auf wenige Ausnahmen in der Regel unterbunden. Wenn Sie Microsoft Teams nutzen wollen, fordert Microsoft die Freigabe bestimmter UDP-Ports zu den Microsoft Media Relays ein. Dies gilt übrigens analog auch für WebEx, Zoom, Google Meet und andere Konferenzdienste. Ist UDP nicht offen, fallen die Produkte auf TCP/443 oder sogar HTTPS zurück, was über einen Proxy oder Cloud-Proxy eventuelle Probleme noch verschärft.

  • Latenz

    Wenn Pakete aufgrund der Entfernung zu lange unterwegs sind, leidet die Akzeptanz, weil sich Meeting-Teilnehmende immer wieder unabsichtlich ins Wort fallen – Stichwort Crosstalk. Daher ist es wichtig, dass die Clients per DNS die geografisch nächstgelegenen Dienste ansprechen und das IP-Routing den kürzesten Weg beschreibt. Für Benutzer im Home-Office verschlechtert ein Tunnel-VPN die Situation zusätzlich.

Für eine optimale Nutzung von Microsoft Teams muss daher darauf geachtet werden, die Latenzzeit zu minimieren und das optimale Übertragungsprotokoll zu ermöglichen, ohne die Sicherheitsanforderungen zu reduzieren.

Reicht ein traditionelles Netzwerkmonitoring aus?

Doch wie werden Sie über Ihre langsam beginnenden Netzwerkprobleme informiert? Die meisten Firmen überwachen per SNMP die genutzten Bandbreiten an ausgewählten Ports der Switche und Router. Häufig wird auch die Erreichbarkeit von Routern und Servern im LAN und im eigenen WAN mit einfachen IsAlive- und LooksAlive-Checks im Minutentakt überprüft, über die Zeit aufgezeichnet und über Mittelwerte zusammengefasst. Für die Überwachung von Cloud-Diensten und insbesondere von Konferenzsystemen wie Microsoft Teams ist dies jedoch nicht ausreichend.

Die verfügbare und genutzte Bandbreite zum Internet sagt wenig über die Performance zur Cloud aus. Erst die Messung der Latenzzeit in ausreichend kurzen Intervallen und die Betrachtung von Perzentilen erlaubt eine Beurteilung der Qualität. Ansonsten wird Ihr Anwender unfreiwillig zum Kanarienvogel in Ihrem Netzwerk, weil er sich über Probleme bei Audio- oder Videoverbindungen beschwert, während die interne IT  mangels geeigneter Tools keinen Fehler feststellen kann.

Warum Microsoft Teams nicht wie YouTube funktioniert

Wenn Microsoft Teams immer schlechter funktioniert, hört man nicht selten die Aussage: „Das können doch keine Netzwerkprobleme sein, ich kann doch problemlos Videos streamen!“

Nicht jeder Administrator kennt den Unterschied zwischen Audio/Video-Übertragungen einer Konferenzlösung wie Microsoft Teams und der Wiedergabe von Aufzeichnungen und Streaming-Inhalten von z.B. YouTube oder Netflix. Dabei handelt es sich immer um 1:N-Übertragungen mit einem Sprecher und maximal einem Rückkanal per Chat, aber nie um eine Audio- oder Videoübertragung in Echtzeit. Daher fallen auch Verzögerungen von mehreren Sekunden bei der Wiedergabe nicht auf.

Das Nutzungsverhalten bei YouTube entspricht eher einem HTTP-Download von Segmenten, die auf dem Client mehrere Sekunden gepuffert und erst verzögert wiedergegeben werden. Somit können die Streaming-Anbieter auch über TCP und sogar HTTP-Proxy-Verbindungen eine gute Qualität liefern, solange die Bandbreite ausreicht und sich die Paketverluste in Grenzen halten. Die Verzögerung stört allenfalls den Fußballfan, wenn der Nachbar den Torjubel im analogen Radio schon einige Sekunden früher hört, selten aber den Mitarbeitenden im Büro. In einer Konferenz wäre eine Verzögerung von mehreren Sekunden nicht nutzbar.

Erste Hilfe für Ihr Netzwerk durch ein Assessment

Audio- und Video-Übertragungen haben ein völlig anderes und für viele Administratoren neues Anforderungsprofil an das Netzwerk, das eine Anpassung der Konfiguration und Überwachung erfordert. Datenübertragungen sind aufgrund der Fehlertoleranz von TCP auch über schlechte Verbindungen möglich, während bei Onlinebesprechungen die Benutzer die Probleme im Netzwerk sehr schnell hören und sehen.

Daher sollten Sie die Beschwerden über eine schlechte Audio- oder Videoqualität immer ernst nehmen und die optimale Konfiguration Ihres Netzwerks mit einem Netzwerk-Assessment überprüfen. Bei einem Assessment erfahren Sie genau, welche Anforderungen Microsoft Teams an Ihr Netzwerk stellt und wie Sie die notwendigen Kennzahlen richtig ermitteln. Neben einer ausgiebigen Prüfung Ihres Netzwerkes durch unsre Experten, erhalten Sie einen individuellen Maßnahmenplan, um Ihre Netzwerkprobleme nachhaltig zu lösen.

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